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Kraus, L., Augustin, R.

Repräsentativerhebung zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Deutschland 2000

2001

Sucht, 47 (Sonderheft 1), S3-S86

Die Bundesstudie zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen wird im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit seit 1980 alle zwei bis fünf Jahre durchgeführt. Die Erhebung von 2000 ist nach 1995 und 1997 die dritte Befragung in Folge, die ausschließlich den Gebrauch psychotroper Substanzen bei 18 bis 59-jährigen Erwachsenen erfasst. An dieser schriftlichen Befragung nahmen 8139 Personen teil. Die Ausschöpfungsquote lag bundesweit bei 45,5%. Alle Hochrechnungen beziehen sich - wenn nicht anders angegeben - auf das Altersspektrum 18 bis 59 Jahre in Deutschland.

 

Aktuelle Ergebnisse:

Illegale Drogen. In den alten Bundesländern haben 21,8%, in den neuen Bundesländern 11% der befragten 18 bis 59-Jährigen zumindest einmal im Leben illegale Drogen genommen (Lebenszeitprävalenz). Hochgerechnet auf die Wohnbevölkerung (WB) sind dies in Westdeutschland 8,5 Mio. und in Ostdeutschland 1,0 Mio. Personen. In den letzten 12 Monaten vor der Erhebung (aktuelle Prävalenz) haben in Westdeutschland 6,5% der Befragten (WB: 2,5 Mio.) Drogen genommen, in Ostdeutschland liegt der Anteil bei 5,2% (WB: 500.000). Der größte Teil der Drogenerfahrung in Deutschland bezieht sich auf den Konsum von Cannabis mit einer Lebenszeitprävalenz von 10,8% im Osten Deutschlands und 21,4% im Westen. Das in den letzten Jahren gewachsene Interesse an Ecstasy spiegelt sich auch in den Daten der Bundesstudie wider, auch wenn die Prävalenzwerte - anders als in Großstadtregionen - im Durchschnitt geringer ausfallen und bei weitem noch nicht das Ausmaß des Cannabiskonsums aufweisen. Bei Ecstasy hat der Osten Deutschlands das Konsumniveau Westdeutschlands erreicht bzw. übertroffen. Die Lebenszeitprävalenz der 18 bis 29-Jährigen in Westdeutschland beträgt 4,4%, die der 18-29-Jährigen Ostdeutschen 6,5%. In den letzten 12 Monaten konsumierten 1,1% der Befragten 18 bis 39-Jährigen in Westdeutschland und 1,5% in Ostdeutschland Ecstasy. Hochgerechnet nahmen in Deutschland in den letzten 12 Monaten vor der Erhebung 1,2 Mio. 18 bis 59-Jährige Ecstasy. Erfahrung mit den zum ersten Mal erhobenen halluzinogenen Pilzen wurden von 4,1% der westdeutschen und 4,3% der ostdeutschen 18 bis 29-Jährigen angegeben.

Alkohol. Aus den Angaben zum Alkoholkonsum in den letzten 12 Monaten wurde der Durchschnittskonsum in Gramm Reinalkohol pro Tag berechnet. Einen riskanten Alkoholkonsum mit durchschnittlich mehr als 30g bis 60g Reinalkohol pro Tag für Männer bzw. 20g bis 40g für Frauen wiesen 11,7% (WB: 5,6 Mio.) der Befragten auf, gefährlichen Konsum (>60-120g; >40-80g) hatten 3,9% (WB: 1,9 Mio.) und Hochkonsum (>120 / >80g) 0,7% (WB: 350.000) der Befragten. Bezogen auf die Gesamtstichprobe ergibt sich ein Pro-Kopf-Verbrauch von 6,6 Liter Reinalkohol im Jahr. Die Differenz zu dem aus den Verbrauchszahlen errechneten Pro-Kopf-Konsum von 10,6 Liter erklärt sich aus sozial erwünschten Angaben der Respondenten, dem Fehlen besonderer Trinkanlässe wie Jahreswechsel im Erhebungszeitraum sowie der Tatsache, dass die „Verbrauchszahlen" nicht den tatsächlichen Verbrauch, sondern die produzierte Menge an Reinalkohol schätzen.

 

Medikamente. Insgesamt haben etwa 12,2% der Männer und 17,4% der Frauen im letzten Monat zumindest einmal pro Woche Medikamente mit psychoaktiver Wirkung eingenommen (WB: 3,0 Mio. Männer; 4,1 Mio. Frauen). Erfasst wurde der Konsum von Schmerzmitteln, Schlafmitteln, Beruhigungsmitteln, Anregungsmitteln, Antidepressiva, Neuroleptika sowie Appetitzüglern. Erwartungsgemäß weisen bei beiden Geschlechtern die 50 bis 59-Jährigen die höchsten Prävalenzwerte auf (Männer 19,4%; Frauen 26,5%). Insgesamt wurde die Einnahme von Schmerzmitteln am häufigsten genannt (Männer 9,0%; Frauen 12,5%).

 

Tabak. Der Anteil der Raucher beträgt bei den Männern 39%, bei den Frauen 31%. Hochgerechnet auf die 18 bis 59-jährige Bevölkerung sind dies 16,7 Mio. Raucher, von denen 5,8 Mio. (35%) starke Raucher sind, d.h. im Mittel 20 oder mehr Zigaretten pro Tag konsumieren. Am höchsten sind die Anteile der Raucher bei den 18 bis 20-Jährigen (45%), danach sinken die Anteile kontinuierlich ab und liegen bei den 50 bis 59-Jährigen bei 24%.

 

Negative Folgen des Konsums:

Illegale Drogen. Missbrauch und Abhängigkeit von illegalen Drogen wurden nach DSM-IV erfasst. Da in den neuen Bundesländern nur sehr wenige Fälle von Missbrauch und Abhängigkeit auftraten, wurde auf eine getrennte Auswertung für die beiden Bundesgebiete verzichtet. Bezogen auf die letzten 12 Monate vor der Befragung erhielten insgesamt 0,6% der 18 bis 59-Jährigen eine Abhängigkeitsdiagnose nach DSM-IV (WB: 290.000), 0,3% (WB: 145.000) erhielten die Diagnose Missbrauch.

 

Alkohol. Ein Alkoholkonsum von mehr als 30/20g Reinalkohol pro Tag für Männer bzw. Frauen liegt bei 16,3% der Befragten vor (WB: 7,8 Mio.). Die Ergebnisse des Klassifikationssystems für psychische Krankheiten DSM-IV zeigen, wie bereits 1997, eine 12-Monats-Prävalenz von 3,1% (WB: 1,5 Mio.; Männer 1,2 Mio., Frauen 300.000) für Alkoholabhängigkeit. Nahezu 9% der Befragten gaben an, in den letzten 12 Monaten vor der Befragung mindestens einmal unter Alkoholeinfluss Auto gefahren zu sein.

 

Medikamente. Erstmals wurde Abhängigkeit von psychoaktiven Medikamenten nach den Kriterien des DSM-IV erfasst. Eine Abhängigkeitsdiagnose, bezogen auf die letzen 12 Monate vor der Befragung, erhielten ca. 2,9% (WB: 1,4 Mio.; Männer 610.000, Frauen 750.000) der Befragten. Dieser Anteil deckt sich mit den Ergebnissen aus einem zusätzlich eingesetzten Instrument zur Erfassung problematischer Medikamenteneinnahme, dem KFM.

 

Tabak. Für die Untersuchung der Abhängigkeit von Tabak wurde ebenfalls erstmalig das Klassifikationssystem DSM-IV eingesetzt. Eine Abhängigkeit nach DSM-IV, bezogen auf die letzten 12 Monate vor der Befragung, war bei 8,2% der Befragten (WB: 3,9 Mio.) zu diagnostizieren. Die Ergebnisse des FTND deuten auf eine ausgeprägte Abhängigkeit bei ca. 35% der befragten Raucher hin.

 

Änderungen seit 1980:

Illegale Drogen. Nach einer Phase der Zunahme des Drogengebrauchs von Ende der 80er bis Anfang der 90er Jahre und einem Plateau zwischen 1995 und 1997 ist bei der Lebenszeit- und 12-Monats-Prävalenz des Konsums illegaler Drogen wiederum eine starke Steigerung zu beobachten. Die Anteile der Lebenszeitprävalenten in Ost und West unterscheiden sich zwar nach wie vor, der Abstand zwischen den beiden Regionen hat sich jedoch in den letzten Jahren verringert. Die Steigerungen sind vor allem auf die starke Verbreitung des Cannabiskonsums in den letzten Jahren gerade bei den jüngeren Befragten zurückzuführen. Der Anteil der Ecstasykonsumenten ist in Westdeutschland in den letzten drei Jahren in etwa stabil geblieben, in Ostdeutschland steigt er dagegen weiterhin kontinuierlich an.

 

Alkohol. Die Indikatoren des Alkoholkonsums (Prävalenz des Konsums und Konsumhäufigkeit) weisen im Zehn-Jahresvergleich für Gesamtdeutschland bei den über 25-Jährigen keine wesentlichen Veränderungen auf. Die Prävalenzen der jungen Erwachsenen nahmen nach einem leichten Rückgang bis Mitte der 90er Jahre wieder zu. Auch hinsichtlich der Konsumfrequenzen mehrmals pro Monat und mehrmals pro Woche sind nach den leicht rückläufigen Tendenzen bis 1997 insbesondere in jüngeren Altersgruppen wieder zunehmende Prävalenzwerte zu beobachten.

 

Tabak. Seit 1980 lässt sich ein erheblicher Rückgang der Raucherprävalenz erkennen. Parallel dazu hat sich auch der Anteil täglicher Raucher und Raucherinnen sowie der Anteil starker Raucher (tägliche Raucher mit einem Konsum von mehr als 20 Zigaretten pro Tag) seit 1980 deutlich reduziert. Auffällig sind die Geschlechtsunterschiede. Seit 1995 nahmen die Prävalenzen der Raucherinnen wieder zu, während die Anteile der Raucher weiter abnahmen. 

Gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit